Eurasya RFC

 

Der RFC kam selbstbewusst nach Kaiserebersdorf, er kam nur etwas zu spät, denn der Platz war ungefähr so schwer zu finden wie Offensivfußball bei Manchester United. Als sich endlich alle eingefunden hatten, sah die Mannschaft wie folgt aus: Im Tor stand, nach halbjährigem Berlin-Aufenthalt, mit Postner die eigentliche Nummer 1 der Wildschweine. Die Innenverteidigung vor ihm wurde gebildet von Roko, der in diesem Spiel die Kapitänsbinde tragen durfte, und Stiglbauer. Auf den Seiten verteidigten Neussner und Bottesch. Zentral defensiv begann Özdek, vor ihm sollte Vincent Moser den kampfbetonten Part übernehmen, während sich Reither auf die technischen Gustostückerl konzentrieren konnte – so zumindest der Plan. Auf den Seiten begannen Zwickl und Renato, der erst wenige Stunden zuvor aus Budapest zurückgekehrt war. Im Sturm begann Coach Fohsl, um die beste Perspektive auf das Spielfeld und das taktische Verhalten seiner Mannschaft zu haben.

Der Gegner war nominell stärker einzuschätzen, spielt Eurasya doch in der 1. Klasse des Wiener Fußballverbandes. Aber bereits in der letzten Runde hatten die Wildschweine gezeigt, dass sie sich von solchen tabellarischen Differenzen nicht aus der Ruhe bringen lassen – und begannen stark. Die ersten fünfundzwanzig Minuten waren gekennzeichnet von einigen schönen Ballstafetten, einem geordneten Verschieben und guten Defensivaktionen. Immer wieder konnte Roko den Ball abfangen und gefährliche Vorstöße einleiten, auch versuchten Zwickl und Fohsl öfters mit einer Doppelpasskombination die gegnerische Verteidigung zu überwinden, was aber in der Anfangsphase nur zu einigen Eckbällen führte. Dennoch, die Gastgeber wirkten vom Tempo der Wildschweine überrascht, leisteten sich oft einfache Abspielfehler, Pässe landeten im Seitenaus oder Bälle wurden im Mittelfeld verdribbelt. Es sah so aus, als würde der Matchplan des RFC aufgehen.

Vor allem, als der erste gefährliche Abschluss gleich im Netz landete. Hoher Seitenwechsel auf Zwickl, der von der Eurasya-Abwehr vernachlässigt wurde. Er kann sich den Ball in die Mitte mitnehmen, vorbei am letzten Verteidiger, und zieht aus gut dreißig Metern ab. Der satte Schluss schlägt links neben dem Tormann ein, der nicht mal versucht, an den Ball zu kommen – 1:0 in der 29. Minute.

Doch zusammen mit dem Führungstreffer stellte der RFC ein wenig den Spielbetrieb ein – und das rächte sich. Die Wildschweine kamen noch zu einer guten Chance, als sich Zwickl, nach Fohsl-Pass, auf links durchsetzte, nach hinten ablegte und Moser an der Strafraumgrenze zum Abschluss kam, doch sein Ball konnte vom Keeper noch zur Ecke abgelenkt werden. Das war´s dann. Eurasya zeigte, dass sie, wenn man ihnen nur Raum gibt, durchaus zu guten Offensivaktionen in der Lage sind. Vor allem die beiden Flügelspieler des Gegners waren ein ständiger Gefahrenherd, schnell, technisch stark und oft nur von zwei RFC-Spielern aufzuhalten. So kamen die Gastgeber auch zu den ersten hochwertigen Chancen: Zweimal war der RFC etwas zu weit aufgerückt, worauf sich ein Eurasya-Spieler auf rechts durchsetzen konnte. Seine Flanken kamen gefährlich vor Postners Kasten, doch beide Male brachte der Stürmer den Ball nicht aufs Tor – Glück für den RFC, die Chancen waren eher der Marke „Fernando Torres in seiner Chelsea-Zeit“, weswegen es nicht wirklich eine physikalische Erklärung dafür gibt, warum es nach 45. Minuten noch 1:0 stand.

Die letzten fünfzehn Minuten gab der RFC also immer mehr aus der Hand, weswegen das Spiel ausgeglichener wurde. Spielertrainer Fohsl schwor seine Truppe in der Halbzeitpause auf geschlossenes Verschieben ein. Doch was in der zweiten Halbzeit folgen sollte, hatte wenig mit der konsequenten Umsetzung eines Matchplanes zu tun. Eurasya erhöhte das Tempo sichtlich und die Luft bei einigen RFC-Spielern ging Richtung Sauerstoffzelt. Schon bald befanden sich elf Wildschweine in der eigenen Hälfte und waren bemüht, den Ball so weit wie möglich vom eigenen Kasten fernzuhalten – an strukturierte Offensivaktionen war nicht mehr wirklich zu denken. Postner, der sich bereits in Halbzeit eins bei einigen Aktionen auszeichnen durfte, rettet in dieser Phase seiner Mannschaft mehr als einmal den Arsch. So etwa, als er nach gut einer Stunde eine riesige Doppelchance verhinderte. Zuerst wehrte er einen Schuss im Strafraum gut ab, dann war er beim Nachschuss zur Stelle, verkürzte den Winkel und lenkte den Ball zur Ecke ab. Einen weiteren gefährlichen Fernschuss drehte er mit den Fingerspitzen am linken Pfosten vorbei.

Langsam machte sich dieses kampfbetonte Spiel gegen den Ball bemerkbar. In der 58. Minute musste Renato angeschlagen ausgewechselt werden, Prückler ersetzte ihn positionsgetreu. Sehr unglücklich dann die 65. Minute: Ein Eurasya-Spieler bricht durch die RFC-Abwehr, Neussner grätscht heroisch dazwischen, kann klären und bringt den Gegner somit um eine gute Einschussmöglichkeit. Doch dabei trifft ihn der gegnerische Spieler unglücklich am Ohr – Folge: ein gerissenes Trommelfell. Co-Coach Jerry schickt Oliver Kerschbaum für ihn in die Partie. Fohsl rückt jetzt nach hinten, Kerschbaum ins Sturmzentrum. Doch Entlastung will nicht gelingen, und in der 80. Minute dann das Unvermeidliche: Foul in der Nähe des Strafraums, hohe Hereingabe von rechts, ein Eurasya-Spieler kommt relativ allein zum Kopfball, aus kurzer Distanz ist Postner machtlos, es steht 1:1.

Jetzt hat Eurasya das Momentum auf ihrer Seite. Es sieht nicht danach aus, als würde die RFC-Mannschaft noch lange durchhalten, vor allem, wenn man an die drohende Nachspielzeit denkt, die im Toto-Cup auf ein Unentschieden nach regulärer Spielzeit folgt. Der Schiedsrichter zeigt fünf Minuten Nachspielzeit an, die Fans halten den Atem an und zählen die Sekunden. Doch dann hat Fohsl die vielleicht entscheidende Idee: Er schickt den schnellen Zwickl in die Sturmspitze, Kerschbaum weicht dafür auf die Seite aus. Jetzt kann Zwickl in beide Richtungen seine Schnelligkeit ausspielen, anstatt an der Seitenlinie gefesselt zu sein, und auf die langen Abschläge des RFC lauern. Und tatsächlich kommt es zu einem Konter: Ein Eurasya-Angriff versiegt kurz vor dem RFC-Strafraum, ein langer Ball schickt Zwickl auf die rechte Seite. Er gewinnt das Laufduell gegen den letzten Eurasya-Verteidiger, dringt von der Seite in den Strafraum ein, dem Verteidiger bleibt nur noch, seinen ganzen Körper gegen Zwickl zu schmeißen, was diesen zu Fall bringt – Elfmeter in der 93. Minute und ein Ausschluss wegen Kritik für einen Spieler der Gastgeber („Schiri, du Schwuchtel“, ist selbst in so einer Situation nicht angebracht – für euch getestet).

Fohsl übernimmt selbst – und verwandelt sicher. Er knallt den Ball in die rechte obere Ecke. Das nächste, was man sieht, ist eine weinrote Menschentraube an der Eckfahne (93.)

Die fünf Minuten Nachspielzeit werden locker um drei Minuten überzogen, Eurasya versucht es noch mal mit einigen langen Bällen und Arjen-Robben-Gedächtnisflugeinlagen im Strafraum, doch die Pfeife des Schiedsrichters bleibt stumm.

Der RFC übersteht die letzte Angriffswelle, kommt sogar noch einmal durch Prückler zu einem Konter, doch sein Abschluss geht über das Tor. Letztlich alles egal, der Schiri pfeift ab und der RFC zieht mit 2:1 in die nächste Runde ein.

Während man in den ersten zwanzig Minuten beobachten konnte, was der RFC taktisch so dazugelernt hat über den Sommer, bewies er in der zweiten Hälfte, dass er auch seine alten Eigenschaften nicht verloren hat: Wille, Zusammenhalt und eine kämpferische Spitzenleistung. Über die fußballerischen Glanzlichter der zweiten fünfundvierzig Minuten muss nicht unbedingt gesprochen werden, und das wird es auch nicht, denn am Ende zählt das Resultat. Dieses 2:1 bedeutet für den RFC zwei Siege in den ersten zwei Pflichtspielen dieser Saison, und das gegen zwei Mannschaften aus der 1. Klasse. Jetzt warten nicht nur die dritte Runde des Toto-Cups auf die Wildschweine (und damit womöglich ein attraktiver Gegner), sondern noch zwei Wochen Training und ein Testmatch, ehe diese Siegesserie im ersten Pflichtspiel der Saison gegen Alxingergasse fortgesetzt werden soll.

Noch bedarf es einiger Arbeit, doch diese Partie hat gezeigt: Wer diese Saison seinen Samstagnachmittag am Spielfeldrand des RFC verbringt, wird einiges zu sehen bekommen.

 

Startaufstellung: 

T Amos Postner04 Fabian Bottesch33 Robert Kolerovic, 57 Thomas Stiglbauer, 13 Bernhard Neussner19 Halil Özdek - 27 Sebastian Zwickl, 29 Fabian Reither62 Vincent Moser20 Renato Gherghinescu - 55 Christoph Fohsl

 

Wechsel:

90 Philipp Prückler für Gherghinescu (58.)

06 Oliver Kerschbaum für Neussner (65.)

 

Tore:

27 Sebastian Zwickl, 55 Christoph Fohsl

 

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